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Sachverständige stoßen immer wieder auf die gleichen Defizite elektrischer Kabel- und Leitungsanlage
  Erscheinungszeit:2013-01-25 13:56:47   Aufrufe:

Auch wenn die elektrische Anlage in manchen Brandszenarien nicht die primäre Brandursache ist, so kann sie im Falle eines Brandes aufgrund ihres verzweigten Netzes durch die Kabel und Leitungsanlage maßgeblich zur Brandausbreitung beitragen.

 

Vor diesem Hintergrund kommt der Kabel- und Leitungsanlage eine wichtige Bedeutung zu. Sie ist ein Teil der elektrischen Anlage und somit auch immer Teil der Schutzmaßnahmen nach DIN VDE 0100-410. Auch die Realisierung des Schutzes bei Überstrom nach DIN VDE 0100-430 ist ohne eine fachgerecht geplante, ausgewählte, errichtete und betriebene Kabel- und Leitungsanlage nicht möglich.



Mängel frühzeitig erkennen
Grundsätzlich darf von einer Kabel und Leitungsanlage keine Gefahr ausgehen, d. h. sie muss so geplant, ausgewählt, errichtet und betrieben werden, dass der Entstehung oder Ausbreitung von Bränden und deren Folgeschäden wirksam vorgebeugt wird.
Um dieses Ziel zu erreichen, ist es neben einer fachgerechten Planung und Errichtung genauso wichtig für Elektrofachkräfte, betriebsbedingt auftretende Mängel bei Kabel und Leitungsanlagen frühzeitig zu erkennen.


Unsachgemäße Verlegung
Bereits die unsachgemäße Verlegung von Kabeln und Leitungen kann zu einer akuten Brandgefahr führen. Insbesondere in Verbindung mit unzureichenden Sicherheitsabständen zu Wärmequellen (z. B. einem Heizkonvektor) können Kabel und Leitungen einer unzulässig hohen Umgebungstemperatur ausgesetzt sein. Durch diese unzulässige Wärmeeinwirkung verlieren die Kabel und Leitungen materialbedingte Weichmacher, wodurch die Leitungsisolation porös wird und abbröckelt. Das Resultat ist der gefürchtete Isolationsfehler, welcher ursächlich für den gefährlichen unvollkommenen Kurzschluss sein kann. Am Ende des Szenarios steht dann die Ausbildung des Lichtbogens, der umgebende brennbare Materialien entzündet und so den Brand entfacht.



Fehlerhafte bzw. unzureichende Verbindungen
Fehlerhafte oder unzureichende elektrische Verbindungen führen innerhalb von Kabel- und Leitungsanlagen zu unzulässig hohen Übergangswiderständen an den Verbindungsstellen. Durch die punktuell auftretende hohe Erwärmung können umgebende Materialien oder auch Isolationsmaterialien selbst entzündet werden. So zählen auch die immer öfter auftretenden Verteilerbrände in Folge von fehlerhaften losen Klemmenverbindungen zu den typischen Brandszenarien in elektrischen Anlagen.



Betriebs- oder produktionsbedingte Überlastungen
Die Überlastung von elektrischen Leitern, z. B. in Form von ausgeglühten Leitungsadern, stellt in der betrieblichen Praxis keine Seltenheit mehr dar. Häufig liegt der Überlastung eine Erweiterung der elektrischen Anlage zugrunde, ohne dass zuvor überprüft wurde, inwieweit die elektrische Anlage entsprechend ihrer Dimensionierung weitere Verbraucherlasten aufnehmen kann.
Die Folge sind Überlastbeschädigungen an Kabel- und Leitungsanlagen oder anderen elektrischen Betriebsmitteln, wie z. B. ausgeglühte Leitungsadern oder verschmorte Klemmen, die dann eine potenzielle Brandgefahr darstellen.



Widerstandsbehaftete Kurzschlüsse
Im Falle eines unvollkommenen Kurz- oder Erdschlusses ist der entstehende Fehlerstrom nicht groß genug, um eine vorgeordnete Überstromschutzeinrichtung zur Abschaltung zu bringen.
Die Folge hiervon ist eine stetig ansteigende Erwärmung der Leiterisolierung bis zur Entzündung der Leiterisolation. Der unvollkommene Kurz- oder Erdschluss ist eine heimtückische Brandgefahr, da zwischen Auftreten eines Fehlerstromes und Entzündung der Leiterisolation Tage, Wochen und sogar Monate liegen können. Empirisch wurde nachgewiesen, dass bereits Fehlerströme ab 100 mA eine genügend große Wärmeleistung erzeugen, sodass brennbare Materialien wie beispielsweise Holz im direkten Umfeld der Fehlerstelle entzündet werden können.



Beschädigungen durch äußere Einflüsse
Der Isolationsfehler ist bei Kabel- und Leitungsanlagen einer der am häufigsten vorkommenden Brandursachen. Dabei lässt sich der Isolationsfehler fast immer auf elektrische Einwirkungen, z. B. Überspannungen, Überströme usw., mechanische Einwirkungen, z. B. Schlag, Stoß, Biegung, Beschädigung usw., oder umweltbedingte Einwirkungen, z. B. Licht, Wärme, Feuchtigkeit, Strahlung (UV), Chemie usw., zurückführen.

 

Die Zerstörung bzw. Beschädigung des Isolierstoffes, insbesondere bei Kabel- und Leitungsanlagen, hat je nach Art der Schädigung des Isolierstoffes verschiedene Fehlerströme, wie z. B.geringe und kleine Fehlerströme, Glimmentladungsströme, unvollkommene Kurzschlussströme (Lichtbögen) oder vollkommene Kurzschlussströme zur Folge.

 

Die Auswirkung von Fehlerströmen aufgrund von Isolationsfehlern kann verheerende Ausmaße annehmen. So kann ein kleiner Isolationsfehler über Monate und sogar Jahre hinweg unbemerkt bleiben, bis aus ihm dann schließlich ein äußerst energiereicher Lichtbogen entsteht, der dann sofort einen Brand auslösen kann. Abhilfe kann hier ein vorschriftsmäßig dimensionierter Isolationsfehlerschutz, z. B. in Form einer RCD ohne Hilfsspannungsquelle (engl. residual current protective device, Fehlerstrom(FI)-Schutzeinrichtung), schaffen, der bereits kleinste Isolationsfehler erkennt und eine Abschaltung veranlasst.

 


Unzureichende Wärmeableitung
Ein weiterer typischer Mangel bei Kabel- und Leitungsanlagen ist die unzureichende Wärmeableitung bedingt durch unzulässige Häufung auf Kabelbühnen und in Installationskanälen. In Verbindung mit starker Beaufschlagung von Staub und Produktionsrückständen können Kabel und Leitungen die im normalen Betriebszustand auftretende Verlustwärme nicht mehr ordnungsgemäß abführen, was zum Wärmestau und zur thermischen Veränderung oder im schlimmsten Fall zur thermischen Zerstörung der Leitungsisolation führt.

 

Beschädigungen durch Tiere

 

Bild: Leiterschluss durch Nagetierbefall innerhalb eine Verteilung (Foto: Dipl.-Ing. Holger Bluhm)

 

Der häufigste Fall der Beschädigung von Kabel- und Leitungsanlagen durch Tiere ist die Beschädigung der Leitungsisolation durch Nagetiere. Mäuse und Ratten müssen biologisch bedingt ihre ständig nachwachsenden Nagezähne abwetzen, was zum Anknabbern von Leitungsisolationen führt. Insbesondere in Verteilungen, Schalt- und Steuerverteilern richten sie damit immer wieder großen Schaden an. Durch die angenagten Einzeladerverbindungen bzw. die angenagten Isolationen von Kabeln und Leitungen können bedingt durch die auftretenden Isolationsfehler energiereiche unvollkommene Kurzschlüsse entstehen.